10. September 2024
Allgemein
Die meisten Marktexperten sind sich einig: 2024 wird das Jahr der Zinswende. Uneinigkeit herrscht dabei nicht mehr über das „Ob“, sondern nur noch über das „Wann“. Vom aktuellen Zinshoch wird es damit wieder schrittweise heruntergehen. Davon sollten diverse Aktien und Branchen profitieren – doch wer wird wohl der größte Gewinner sein? Dieser Frage widmet sich eine aktuelle Studie der „HQ Trust“, welche die Daten vergangener Zinssenkungs-Perioden unter die Lupe genommen hat.
Das Ergebnis war dabei relativ eindeutig und könnte einige Anleger überraschen: Die größten Gewinner waren nicht etwa dynamische Technologiewerte, sondern Branchen, die eher als defensiv eingeschätzt werden. Spitzenreiter war in der Historie der Bereich der „Genuss-Konsumgüter“, also Nahrungsmittel, Getränke und Tabak. Auf Platz 2 folgt die Branche „Körperpflege, Drogerien und Lebensmittelgeschäfte“. Der Genusssektor entwickelte sich dabei um durchschnittlich 18,1 Prozent besser als der Gesamtmarkt, der Bereich Körperpflege immerhin um 14,2 Prozent. Gefolgt werden diese klassischen Konsum-Branchen vom „Gesundheitsbereich“. Dieser schaffte es in zwölf von 13 Fällen den breiten Markt zu schlagen, bei einer durchschnittlichen Überrendite von 14 Prozent.
Doch was macht diese Aktien gerade in Phasen fallender Zinssenkungen so stark? Notenbanken werden Leitzinsen insbesondere dann senken, wenn sich das Wirtschaftswachstum bereits etwas abgekühlt hat. Unternehmen, die aus einer Zeit hoher Zinsen kommen, werden durch diese belastet und dies schlägt sich häufig auch in den Gewinnen wieder. Zinssenkungen reduzieren diese Belastungen zwar wieder, allerdings wirkt sich die Entlastung in der Regel erst mit zeitlichem Verzug auf die Unternehmen und deren Aktienkurse aus. Anleger fokussieren sich in diesen Zeiten daher gerne auf Unternehmen, die Gewinne stabil halten können. Unternehmen aus dem Bereich der Basiskonsumgüter oder dem Gesundheitsbereich bieten überwiegend Produkte und Dienstleistungen an, die auch in wirtschaftlich unsicheren Zeiten weiter nachgefragt werden (müssen).
In diesem Zusammenhang muss auch die Branche der „Versorger“ genannt werden, welche Haushalte mit Energie oder Wasser beliefern. Unabhängig vom Gesamtmarkt können diese Unternehmen ihre Umsätze und Gewinne relativ stabil halten. Zusätzlich profitieren sie besonders von niedrigeren Finanzierungszinsen und ihrer Preissetzungsmacht. Nach den Preiserhöhungen zu Zeiten hoher Inflation, sind diese Unternehmen nicht gezwungen ihre Preise wieder zu senken oder können diese sogar erhöhen. Eine Fähigkeit, die gerade auch in der aktuellen Situation des Jahres 2024 von großer Bedeutung sein wird.
Fazit: Auch wenn die Studie ein paar interessante Anhaltspunkte für die Strategie in Zinssenkungsperioden gibt, bleibt sie am Ende ein Blick in den Rückspiegel, der keine Garantie für die aktuelle Marktphase liefern kann. Neben der historischen Performance muss selbstverständlich das aktuelle Bewertungsniveau mitberücksichtigt werden. Einen entscheidenden Einfluss auf die Entwicklung der einzelnen Branchen wird auch der Zeitpunkt der Zinswende haben. Sollte diese sehr bald und in eine Phase wirtschaftlicher Schwäche einsetzen, könnten defensive Aktien besonders robust reagieren. Lassen sich die Notenbanken aber weiterhin viel Zeit und senken die Zinsen erst in eine Konjunkturerholung hinein, würden diese Aktien wohl immer noch profitieren, aber auch zyklische Werte wieder stärker in den Fokus der Anleger geraten.